Kalimantan – Zwischen Dschungel und Kultur

Ein Reisebericht von Heike Newinger (Teil 1)

Nachdem 2020 aufgrund von Corona meine geplante Reise nach Kalimantan ausgefallen ist, war es 2024 Zeit, diese endlich nachzuholen.

Kalimantan ist eine indonesische Provinz und liegt im Süden von Borneo, der 3. größten Insel der Welt.

Tatsächlich ist Kalimantan touristisch noch nicht sehr erschlossen und allzu viele Informationen konnte ich im Vorfeld nicht finden. Es war also klar, es wird nicht einfach und tatsächlich gab es einige Herausforderungen auf dieser Reise, doch irgendwie geht ja immer alles – wenn man will.

Startpunkt meiner Reise ist Pangkalan Bun. Hier kommen tatsächlich etwas öfter Touristen vorbei für die Klotok Touren in den Tanjung Putin Nationalpark.

Nach einer Nacht in einem hübschen Hotel geht es am nächsten Morgen aufs Hausboot, welches für die kommenden 2 Nächte mein schwimmendes Zuhause sein wird.  Mit mir sind noch 2 Indonesierinnen mit auf der Tour, beide leben auf Java und sind wirklich nett – genauso wie unser Guide Ade und die Mannschaft an Bord.

Geschlafen wird auf Matratzen auf Deck, die abends in Betten verwandelt werden mit Moskitonetz. Daneben gibt es noch einen Tisch zum Essen, 2 Liegestühle und ein einfaches Bad. Gekocht wird in der kleinen Kombüse für uns und das sehr lecker.

Tagsüber schippern wir über den Fluss Sekonyer und können immer wieder Tiere beobachten. Viele Nasenaffen die am Morgen und Nachmittag von Baum zu Baum hüpfen sowie einige Makaken und viele Vögel.  Tatsächlich leben Nasenaffen nur auf Borneo und sind einer der Gründe für mich hierher zu kommen. Insgesamt halten wir an 3 Camps, in denen auf Plattformen Futter für die ausgewilderten Orang-Utans abgelegt wird. Allerdings sehen wir nur an der 1. Plattform welche, die anderen beiden besuchen wir „umsonst“. So schade es für mich ist, so zeigt es doch, dass die Orang-Utans nur dann zu den Menschen kommen, wenn Sie nicht genug Futter im Dschungel finden. Gerade ist aber Fruitseason, sprich es gibt so viele reife Früchte, das sie auf das zusätzliche Futter nicht angewiesen sind.

Palangka Raya

Mit dem hart erworbenen Busticket geht es von Pangkalan Bun nach Palangka Raya. Neben mir im Bus sitzt eine Frau, die bei der Behörde arbeitet und tatsächlich Englisch spricht. Und zwar so viel, das wir uns gut unterhalten können. Ein Glücksfall denn die Kommunikation ist insgesamt viel schwieriger als erwartet. Fast niemand spricht englisch. Und aufgrund der vielen Dialekte hilft eine Onlineübersetzung auch nicht wirklich.

Mittags gibt es Essen auf einem Rasthof und sie übersetzt mir liebevoll alles. Angekommen in Palangka Raya hilft sie mir noch ein Gojek (Sammeltaxi) zu finden und wir tauschen Telefonnummern aus damit ich mich melden kann, wenn ich Hilfe brauche. Die Menschen sind hier überall so hilfsbereit, am Ende der Reise habe ich auf diese Weise viele Telefonnummern eingesammelt.

Mit meiner Unterkunft habe ich Glück – der Manager lebt hier mit 2 Schweizern, die gerade nicht da sind, und spricht hervorragend Englisch. 1 Tag nehme ich ein Rad und fahre damit einige Zeit durch die Stadt und werde nicht selten fotografiert – eine Touristin mit hellen Haaren, allein und bei der Hitze auf dem Fahrrad – schwer zu begreifen für die Indonesier her.

Den kommenden Tag fahren wir etwas ins Land rein, zu dem Grund, warum ich nach Palangka Raya gekommen bin:

Kaja Island

Auf den Inseln leben Orang-Utans, die im letzten Stadium der Auswilderung sind. Die Inseln werden von Menschen nur zum Bringen und Abholen von Orang-Utans betreten, ansonsten leben Sie hier alleine. Viele Touristen kommen ebenfalls nicht her, ich bin heute der einzige Gast. Mit einem kleinen Boot umrunden wir die Inseln und ich habe so viel Glück. Insgesamt sehe ich 10 ausgewachsene Waldmenschen und 2 Babys. Eigentlich sind professionelle Kameras verboten, aber da wir ohne Ranger unterwegs sind, packe ich die Kamera natürlich aus.

Banjarmasin

Mit einem Sammeltaxi, das mir Rizal organisiert hat geht es weiter nach Banjarmasin. Der Fahrer spricht ein paar Wörter Englisch und wir unterhalten uns irgendwie mit einem Gemisch aus Englisch und Indonesisch. Vieles verstehe ich nicht und ich schätze ihm geht es genauso. Mittlerweile kenne ich zwar die Abläufe an den Raststätten und die Art der Abrechnung am Buffet, er hilft aber trotzdem und erklärt mir alles.

Und ich stelle fest: es scheint keine schönen Städte hier zu geben. Auf dem Festland der Stadt große hässliche und zweckmäßige Gebäude. Und am Fluss der krasse Gegensatz.

Viele Menschen leben hier am und auf dem Fluss in Häusern aus Holz und Wellblech auf Pfählen. Von der Terrasse aus führt ein kleiner Steg zur Toilette, eine kleine „Hütte“ in deren Boden ein Loch ist. 2 Meter weiter befindet sich oft die Badestelle der Bewohner. Das Leben hier findet überwiegend auf und im Wasser statt. Die Kinder planschen nachmittags im Fluss, quasi zwischen den Toiletten. Ein sehr ungewohnter Anblick für einen Europäer, vermutlich in etwa so ungewohnt wie eine Alleinreisende Touristin für sie.

Am Nachmittag geht es mit einem Boot nach Pulau Bakut. Eine Insel, auf der Nasenaffen leben, die einem Rehabilitierungsprogramm entstammen. Die Population hat sich mehr als verdoppelt und eine Zufütterung durch den Menschen ist nicht mehr notwendig. Ein gelungenes Projekt.

In der Nähe gibt es einen schwimmenden Markt, den ich am Morgen besuchen möchte.

Hier fahren die Frauen mit ihren kleinen Kanus den Fluss hoch, um dann flussabwärts treibend ihre Waren in den Dörfern zu verkaufen, überwiegend Obst und Gemüse. Die Attraktion bin allerdings dann doch eher wieder ich. Eine jüngere Frau, die Obst verkauft, hat tatsächlich ein Handy auf dem Stativ im Boot stehen und macht einen Livestream für ihre Follower, und natürlich darf ich heute als Gast nicht fehlen.

Für die kommenden 2 Tage geht es mit einem (weiblichen) Tourguide weiter. Die Fahrt führt nach Banjarbaru, einem Ort, in dem Diamantenabbau betrieben wird und ich darf mir eine der Anlagen anschauen.
Weiter geht es nach Passungkan zu einer Wasserbüffelfarm. Die Farm selbst ist nicht so interessant, aber die Fahrt mit dem Boot dorthin umso mehr. Wieder geht es an unzähligen Häusern im Fluss vorbei und wieder winke ich gefühlt die ganze Fahrt den Menschen zu, die mich begrüßen.

Die Nacht verbringe ich in Loksado, einem kleinen Dorf in den Bergen. Hier verbringen viele jüngere Indonesier ihre Wochenenden mit Freunden.

Am Morgen wandern wir eine Weile durch die Wälder und durchqueren 2 Dörfer der Dayak, die hier allerdings nicht mehr so traditionell leben. Das Langhaus wird nur noch für Zeremonien genutzt. Dafür liegt überall Müll herum – ein generelles Problem in Kalimantan. Bei vielen Bildern kann man froh sein, dass es hier keine Gerüche gibt.

Am Nachmittag geht es fast 3 Stunden mit einem Floss den Fluss herunter, Bamboorafting. Die Indonesier lieben es und die Landschaft ist wirklich großartig.

Samboja Lodge

Mit dem Flieger geht es weiter nach Balikpapan, wo mich am Airport ein Fahrer erwartet und zur Samboja Lodge bringt. Die Lodge gehört der BOS (Borneo Orangutan Survival Foundation) welche sich um den Schutz und der Rehabilitierung von Orang-Utans widmet. Eine der wenigen empfehlenswerten Organisationen. Die Lodge liegt im Grünen mitten in im Samboja Lestari Orangutan Rehabilitation Centre. Auf dem Gelände befindet sich eine Auffangstation für Malaienbären (die kleinste Bärenart der Welt), sowie eine Kranken- und Quarantäne Station für Orang-Utans und zu guter Letzt noch kleine Inseln auf denen Orang-Utans leben, die aufgrund ihrer Trauma nicht mehr ausgewildert werden können. Sie stammen aus schlechten Zoos, wurden für den Zirkus dressiert oder als Haustiere gehalten, jeder von ihnen hat seine eigene traurige Geschichte. 2mal täglich werden die Tiere vom Boot aus gefüttert und hat man die Möglichkeit vom Ufer aus zuzusehen. Man merkt sehr deutlich, dass sie alle verhaltensgestört sind und es ist unsagbar traurig. 

2 Nächte bleibe ich hier und im Gegensatz zu den letzten Unterkünften ist das Zimmer wirklich traumhaft mit großem Balkon und Blick in den Dschungel. Es ist etwas teurer hier, aber die Einnahmen kommen alle den Tieren zugute.

 1 Nachmittag mache ich noch 1 Bootstour auf einem Fluss, wo es neben Nasenaffen auch wieder viele Vögel zu sehen gibt.

Samarinda

In Samarinda treffe ich meinen Guide Denis, den ich auf Empfehlungen im Internet kontaktiert habe. Die kommenden Tage wird er mich ins Hinterland begleiten. Orte, an die ich allein nicht kommen würde. Dafür ist mein Indonesisch nicht ausreichend und das Reisen hier ist doch um einiges komplizierter als gedacht, auch wenn die Menschen alle sehr hilfsbereit und herzlich sind.

Am frühen Morgen werde ich abgeholt und es geht in den Kutai Nationalpark. Nach 3 Stunden Autofahrt geht es noch ein kurzes Stück per Boot in den Dschungel. Mein Zimmer ist komfortabler als gedacht und es sind noch 2 weitere Touristen hier. 1 französisches Paar, lebend in Australien und die beiden haben es auf eigene Faust hierhergeschafft. Allerdings statt 3 Stunden haben sie 3 Tage benötigt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Nach dem Essen geht es los auf eine Trekkingtour und wir haben Glück und ich sehe 2 Orang-Utan Weibchen, das eine hoch schwanger. Nach dem Abendessen folgt ein Nachttrekking und ich sehe sogar ein paar Rehe im Dickicht. Am nächsten Morgen suchen wir vor dem Frühstück noch mal nach dem Weibchen. Aber erfolglos, keine Spur des Orang-Utans. Aber kein Wunder, sie sitzt bereits im Baum über dem Speiseraum und frühstückt die Früchte dort und scheint auf uns zu warten. So frühstücken wir quasi gemeinsam – ein tolles Erlebnis.

Von hier geht es nach Murai Muntai wo die Reise im Boot fortgesetzt wird.

In Murai Muntai besteigen wir unser Boot mit Kapitän Abe. Ein sehr lustiger Mann und auch wenn er kaum englisch spricht, seine Pantomime ist Weltklasse und so tanzen wir beide unsere Unterhaltung mehr die kommenden Tage, natürlich immer untermauert mit Worten, die keiner von uns versteht, aber irgendwie verstehen wir uns.

Diese Nacht bleiben wir in einem kleinen Guesthouse in Murai Muntai, aber am frühen Morgen geht es mit dem Boot weiter über den Mahakam Fluss und einige Nebenarme. Wir erkunden kleine traditionelle Dörfer und ich habe die Möglichkeit viel von dem Leben der Menschen zu lernen. Ein sehr einfaches, aber fröhliches Leben. Übernachtet wird die kommenden Nächte in einem traditionellen Langhaus der Dajak. 2 Frauen, die hier wohnen, bereiten abends das Essen für uns vor, mit Zutaten die wir tagsüber auf kleinen Märkten erstanden haben.

Es ist alles sehr rustikal und einfach, aber ich bin froh, dass es im Langhaus fließendes Wasser und Hocktoiletten gibt.

In der Nähe findet gerade eine Dajak Zeremonie statt, um die Dörfer auch das kommende Jahr vor bösen Geistern zu schützen. Leider ist noch nicht genug Geld zusammengekommen, so das ich den Höhepunkt leider nicht mehr erlebe. Um Geld zu sammeln, wird jeden Abend in Zelten um Geld gespielt. Ob Karten oder Würfelspiele – alles ist erlaubt außer hier zu fotografieren, aber mitspielen dürfen wir auch wenn von uns keiner die Regeln versteht. Am Wochenende findet ein großer Hahnenkampf statt – eine blutige Angelegenheit. Wir sind willkommen und dürfen zusehen, was wir allerdings nicht lange tun.

Am nächsten Tag sind wir zu einer Beerdigung eingeladen. Die Dajak feiern die Toten in großen Szeremonien, die 1 bis 3 Wochen dauern, je nachdem wie vermögend die Familie ist. Und auch wenn es anfangs etwas befremdlich ist, so ist es eine großartige Erfahrung hier teilhaben zu dürfen.

Nach 3 Tagen auf dem Boot geht es zurück nach Samarinda ins Hotel und am nächsten Morgen geht es weiter nach Malaysia zu neuen Abenteuern.


… freut Euch schon jetzt auf den zweiten Teil des spannenden Berichts von Heike !

By Ralf

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